Der Begriff Risikomanagement wird oft gleichgesetzt mit dem Stop-Loss. „Risikomanagement? Ja, klar, ich setzt ja einen Stop-Loss“, dass hört man oft, wenn man mit anderen Tradern spricht. Manchmal höre ich sogar Sätze wie „Risikomanagement? Der bekannte Börsen-Guru XYZ hat aber gesagt, dass Stop-Loss-Auträge nicht gut sind, weil man dann zufällig aus einer Aktie ausgestoppt wird. Zudem fischen die Profis ja nur die Order ab.“ Bei so etwas bekomme ich Gänsehaut.

Das Nichtwissen im Bereich des Risikomanagements ist sehr groß, vor allem bei Anfängern. Zugern konzentriert man sich auf das, warum man ja Trading betreibt: Den Handel. Doch jeder Anfänger oder Profi, der sich schon mal mit dem Erfolg der erfolgreichsten Trader beschäftigt hat, weiß, wie konservativ diese handeln und welchen Stellenwert sie dem Risikomanagement einräumen.

Welche Kennzahlen muss man im Blick behalten? Im Prinzip baut man sich mit dem Risikomanagement ein Abwehr gegen Ereignisse auf, mit denen man nicht rechnet. Es ist die Versicherung, dass man morgen noch handeln kann. Alleine diese beiden Sätze zeigen schon mal, dass hiermit nicht nur der Stop-Loss gemeint sein kann. Das Risikomanagement ist immer auf den Trader zugeschnitten. Wie viel hält man aus, bevor man nicht mehr schlafen kann?

5 Kennzahlen, die jeder Trader im Blick haben muss:

  1. Einzelpositionsrisiko: Dies ist der Betrag, welcher bei einer einzelnen Position riskiert wird. Wenn ein Trader beispielsweise 1% von seinem Geld-Kapital (ohne offene Gewinne) riskiert, ist diese das Risiko für diese einzelne Position. 1% von 10.000 EUR sind 100 EUR, somit kann ein Trader mit dieser Kontogröße 100 EUR pro Position riskieren. Entsprechende Kalkulation der Positionsgröße natürlich vorausgesetzt. Die zentrale Frage lautet hier: Wie oft kann ich hintereinander ausgestoppt werden, bis ich nicht mehr vernünftig traden kann?
     
  2. Portfoliorisiko: In dieser Kennzahl wird ausgedrückt, wie hoch das gesamte Risiko aller Einzelpositionen ist. Ein Trader muss sich hier einen Wert setzten, der das Maximum darstellt, welches er auf einen Schlag in einem Normalfall verlieren kann. Wer beispielsweise 5 Positionen mit einem Einzelpositionsrisiko von jeweils 1% offen hat, der hat ein Portfoliorisiko von 5%!
    Es reicht nicht aus, nur auf die einzelne Position zu schauen. Gerade Trader, die einzelne Aktien handeln, müssen immer auf das Portfoliorisiko schauen. Die wichtigste Frage lautet hier: Wenn alle Positionen auf einmal ausgestoppt werden, wie hoch ist mein Verlust?
     
  3. Positionsgröße: Jetzt mag der Leser vielleicht denken, was die Positionsgröße mit Risikomanagement zu tun hat. Schließlich hat man ja ein festes Risiko pro Einzelposition definiert. Doch es ist eine sehr wichtige Größe!
    Viele Märkte sind nicht 24h geöffnet, sondern nur innerhalb fest definierter Tageszeiten. In diesen Märkten kann es zu Kurslücken über Nacht kommen. Dies gilt sowohl für Long- als auch Short-Positionen, wobei Short-Positionen hier ein größeres Risiko besitzen. Eine Longposition kann nur um 100% fallen, während eine Shortposition unendlich gegen den Trader laufen kann.
    Die zentrale Frage bei der Positionsgröße lautet: Was passiert mit meinem Tradingkonto, wenn die Position eine Kurslücke von 50% aufweist? Das kann bei z.B. der Veröffentlichung von Nachrichten bei einem Aktientitel durchaus passieren. Wenn die Positionsgröße beispielsweise 50% des Geld-Kapitals ausmacht, dann wäre eine Kurslücke von 50% ein Verlust von 25% des Geld-Kapitals! Solche Ereignisse sind selten, können aber zu einem Ruin führen. Gerade im Forex-Markt werden oft sehr hohe Positionsgrößen eingegangen.
     
  4. Gesamtportfoliogröße: Bei dieser Kennzahl verhält es sich genauso wie bei den ersten beiden. Wie groß sind alle Positionen gemeinsam? Wer beispielsweise 5 Aktienpositionen besitzt, zwei mit 25% Positionsgröße, eine mit 50% Positionsgröße und zwei mit 10% Positionsgröße, besitzt eine Gesamtportfoliogröße von 120%. Dies wäre ein Hebel von 1,2. Was würde passieren, wenn diese 5 Positionen eine Kurslücke über Nacht von jeweils 10% ausweisen, weil eine unvorhergesehene Nachricht den Markt trifft? Es ist wichtig sich über solche Fälle Gedanken zu machen.
     
  5. Die Korrelation bzw. Diversifikation: Man kann diesen Wert als Kennzahl ausdrücken, aber es reicht auch, wenn man einfach seine Positionen im Portfolio hiernach ordnet. Gerade Trader, die Aktien handeln, aber auch Forex-Trader oder Rohstoff-Trader sind von diesem Risiko betroffen. Wer beispielsweise 5 Aktien in seinem Portfolio hat, handelt in Wirklichkeit eine große Position auf den Aktienmarkt, da Aktien immer eine sehr hohe Korrelation zueinander aufweisen. Wer sogar 2 von diesen 5 Aktien im selben Sektor besitzt, der hat fast die Hälfte der Positionen in einem Sektor und besitzt somit hier eine größere Korrelation. Dasselbe gilt bei der Trade-Richtung: Wenn alle Positionen long gehandelt werden, setzt man stark auf steigende Kurse.
    Bei dieser Betrachtung des Risikos gilt immer wieder dieselbe Frage: Was passiert, wenn z.B. über Nacht unvorhergesehene Nachrichten erscheinen? Wie verhält sich mein Portfolio und meine Trades. Es ist wichtig dies zu betrachten und sich Limits zu setzen, damit man nicht alles auf eine Karte setzt.

Wie man an den obigen Kennzahlen sieht, besteht Risikomanagement nicht nur darin einen Stopp-Loss-Kurs für einen Trade zu wählen, sondern sich darüber Gedanken zu machen, was bei unvorhersehbaren Ereignissen passiert. Genau von diesen Ereignissen gibt es mehr, als die meisten Trader denken und sie werden unterschätzt. Warum ist das so? Ganz einfach: Man kann die Entwicklung der Märkte nicht vorhersehen, auch wenn man dies gerne würde.

Um ein besseres Gefühl für Risiken zu bekommen, kann die Trading Simulation von Insidetrading verwendet werden.

Julian Komar

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Julian Komar

Über Julian Komar

Julian Komar beschäftigt sich seit mehr als 4 Jahren mit Trading und technischer Analyse. Gerade die Themen Trendfolge, Tradingpsychologie und Risikomanagement sind sein Schwerpunkt.

Im bekannten TRADERS’ Magazin kann man regelmäßig Kolumnen von ihm zu diesen Themen finden.

In seinem Trading-Blog veröffentlicht er fast täglich spannende Artikel und einmal pro Woche wird ein kostenloser Newsletter versendet: blog.julian-komar.de

 

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