Wie wir bereits aus den bisherigen Artikeln der Börsen-Psychologie-Reihe mitnehmen konnten gibt es an allen Ecken und Enden Stolperfallen und Hindernisse an der Börse. Entweder ist es die Mathematik, die Psychologie, der Trader selbst oder der Markt generell, welche einem einen Strich durch die Rechnung machen. Fehler machen gehört dazu – doch ärgerlich sind die persönlichen Missgeschicke. Immer wieder ärgert man sich über sich selbst. Welche trader-bezogenen Anomalien gilt es zu beachten?

 

Sektoren-Verliebtheit

Die Verliebtheit ist ein generelles Problem an der Börse. Aus dem privaten Bereich kennen wir das Phänomen der „rosaroten Brille“. Hierbei hindert uns der durch die Verliebtheit verschwommen und beschönigende Blick daran sachlich zu denken und Probleme zu erkennen. Im privaten wird die Person und Situation nicht ausreichend hinterfragt. An der Börse beachtet ein in einen Wert oder Sektor verliebter Trader die Contra-Argumente und Gefahren zu wenig und beschönigt sich die Situation. Er erkennt den drohenden Verlust nicht.

Die Sektoren-Verliebtheit tritt bei ungeübten Anlegern auf. Die meisten von uns sollten betroffen sein. Unbewusst werden diverse Sektoren überbewertet, zu denen man eine emotionale Bindung hat. Zumeist basiert diese auf dem eigenen Beruf. So gewichten Banker selbst bei ihrer Anlageform Banken-Werte über, Mitarbeiter von Automobil-Konzernen die der Automobil-Branche und so weiter. Der Trugschluss mehr über eine Branche zu wissen, weil man in dieser arbeitet führt oftmals zu ungewollt hohen Verlusten. Auch bestraft man sich schnell doppelt, sollte ein Sektor in Probleme geraten, so verliert man im schlimmsten Fall seinen Job und viel Geld durch die Übergewichtung im Depot.

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Heimattreue

Ähnlich wie diverse Sektoren unterbewusst übergewichtet werden, so besteht auch eine emotionale und depot-basierte Bindung an die Heimat. So machen deutsche Unternehmen nur zwischen 4 und 6% aller an den Börsen weltweit gelisteten Unternehmen aus. Umfragen ergaben jedoch, dass eben jene Unternehmen bei deutschen Anlegern oftmals mindestens 1/3 der Depotsumme in Anspruch nehmen. So auch in anderen Ländern zu beobachten. Erneut gilt der Grundsatz, dass die Gefahr besteht sich doppelt zu bestrafen: rutscht die Heimat in eine konjunkturelle Rezession, so verliert man ebenfalls überproportional stark bei seinen Anlagen. Die Diversifikation sollte auch das Verteilen der eigenen Anlagesumme auf verschiedene Länder und Kontinente enthalten.

 

Harmonie-Streben

Wie in den letzten Artikeln bezüglich der Status-Quo-Anhänglichkeit beschrieben tun wir uns schwer mit Entscheidungen. Wir stehen nicht gerne im Konflikt mit anderen Personen, mit Problemen/Situationen oder mit uns selbst. Vor uns selbst können wir nicht weglaufen oder uns aus dem Weg gehen. Eine Kaufentscheidung bewegt uns tagelang. Wir grübeln und denken, denn der Kauf bedeutet, dass man andere möglich bessere Alternativen nicht kaufen wird. Haben wir uns dann entschieden, dann entwickeln wir schnell eine emotionale Bindung zu diesem erworbenen Wert. Die neue Position ist das Resultat einer Entscheidung. Unser „Baby“ sozusagen. Und wir stehen zu unserem Baby in guten wie auch in (leider) schlechten Zeiten. Wir schauen über Buch-Verluste hinweg, da diese ja nur theoretisch sind. Wir beschönigen die Situation und vieles mehr. Diese Komponenten haben wir bereits kennengelernt in den letzten Ausführungen. Hinzukommt: Wie in der Liebe klammern wir negative Anzeichen aus. Wir wollen sie nicht sehen. Wir haben einen emotional besessenen Blick auf unsere Position. Wir halten zu lange, laufen weit in die Verluste und vergeben die Möglichkeit frühzeitig mit kleinen Verlusten zu verkaufen und diese mit einer besseren Alternative wieder zu erwirtschaften. Verliebtheit ist für Trader eine verlustbringende Falle.

 

Chancenfixierung

Eine Aktie A hat das Potential in den kommenden 12 Monaten um 40% zu steigen. Eine Aktie B das Potential für 15%. Wir wissen, dass sich die meisten Anleger für Aktie A entscheiden würden. Anleger sind auf Chancen aus. Man sucht nach der meistmöglichen Rendite. Man möchte den anderen beweisen, dass man besonders clever und gut ist. Das Problem dessen ist, dass Aktie A neben der höheren möglichen Rendite meist auch mehr Risiken mit sich bringt. Die Rendite ist entsprechend dem Risiko höher. Chancenfixierte Trader suchen nach Möglichkeiten und ihrem lucky trade. Sie greifen in fallende Messer und kaufen sich unreflektiert in volatile Märkte ein auf der Suche nach dem ganz großen Geld. Doch auch die Verluste können bei diesem Verhalten wesentlich größer ausfallen. Ist uns die höhere mögliche Rendite das Risiko eigentlich wert? Und muss es der große Wurf sein oder genügt nicht eine risikoärmere Anlageform, welche sich in den kommenden 5 bis 10 Jahren kräftig auszahlen wird? Handelst du um dein Ego zu bedienen oder geht es dir um die clevere Geldanlage? Chancenfixierung bedeutet für die meisten Trader drohender Verlust!

 

Ohne Plan am Markt

Die vielen bereits erarbeiteten psychologischen Einflüsse und Emotionen muss ein Anleger im Griff haben. Arbeitet er ohne Plan, Ziel und Struktur, dann ist er ein gefundenes Fressen für Fehler durch irrationales Verhalten. Grenzen nach oben und unten, Pläne und Strategien sind wichtig, um kontrolliert und nicht affekt-getrieben vorzugehen.

Außerdem sollten wir uns an meinen Hinweis in einem der vorherigen Artikel erinnern: Es liegt in der Psychologie des Menschen zu denken, dass alle anderen von etwas betroffen sind, aber man selbst nicht. Auch du bist höchstwahrscheinlich „Opfer“ einer dieser Anomalien und psychologischen Fallen. Rollst du dich in Watte und weist Verantwortung Schuld von dir, so entwickelst du dich nicht weiter. Analysiere dich selbst: was hast du im Depot übergewichtet? Warum? Besteht Verliebtheit? Wie ist dein Risiko-Management aufgestellt – wie oft handelst du Chancen anstelle Werte? Wir machen viele Fehler und können immer wieder an uns selbst als Trader arbeiten.

In meinem nächsten Artikel in 14 Tagen möchte ich dann auf die Charakterbildung eines Traders eingehen. Wir haben nun viel über Psychologie, Theorien, Systeme und Fallen gelesen. Doch wie sollte ein Trader vorgehen, um sich selbst zu schulen und sein Verhalten zu optimieren?

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